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Südniedersachsen und Nordhessen

Sagenumwobene Spurensuche

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Vom 1. Dezember 2017 bis zum 21. Mai 2018 zeigt die Grimmwelt Kassel die Sonderpräsentation "HörenSAGEN: Antike Mythen – Grimmsche Sagen – Digitales Erzählen" FOTO: JUERGENSEN

Sonderpräsentation „HörenSAGEN“: Antike Mythen – Grimmsche Sagen – Digitales Erzählen in der Grimmwelt Kassel

Kassel. Mit ihrer neuen Sonderpräsentation anlässlich 200 Jahre „Deutsche Sagen“ der Brüder Grimm lenkt die Grimmwelt Kassel den Blick der Besucher auf das zweite große Sammelwerk der Brüder Grimm. Denn neben ihrer Märchensammlung haben Jacob und Wilhelm Grimm auch eine umfangreiche Veröffentlichung von Sagen hinterlassen. Die beiden Bände von 1816 und 1818 sind Ausgangspunkt für eine anschauliche Spurensuche in der Grimmwelt, gleichermaßen geeignet für Erwachsene und Kinder.Die von Susanne Völker kuratierte und mit zahlreichen Künstlern gestaltete Präsentation spannt den Bogen ausgehend von den „Deutschen Sagen“ der Brüder Grimm sowohl zu den Ursprüngen der Erzählform, den antiken Mythen, als auch zu modernen Erscheinungen der Sage wie den „Fake News“.Die Präsentation zeigt in vier Bereichen Variationen des Erzählens als Grundkonstante menschlichen Verhaltens und spürt unter dem Titel „HörenSAGEN“ auch spielerisch den Erzählstoffen und Interpretationen von Sagen nach: Bis ins 18. Jahrhundert wurden Sagen hauptsächlich mündlich weitergegeben. Dabei haben sie sich von Sprecher zu Sprecher verändert. Ein „wahrer Kern“ umgeben von fantasievoller Ausschmückung ist bis heute eine beliebte und alltägliche Erzählform.„Die Präsentation nimmt die Grimmschen Sagen als Ausgangspunkt und bleibt nicht im Historischen stehen“, sagt Susanne Völker, Leiterin der Grimmwelt und Kulturdezernentin der Stadt Kassel. „Sie wirft den Blick ausgehend von den Grimmschen Sagen sowohl zurück auf ihre Bezugspunkte in der Antike als auch auf die Jetztzeit und heutige Formen der Narrative und Geschichten. Gerade die stete Wandlung der Erzähltraditionen und Verbreitungswege von der mündlichen Überlieferung bis hin zu den sozialen Medien ist bis heute ein wesentliches Merkmal von Mythen und Sagen.“Gleich zu Beginn der Präsentation kann der Besucher in der Installation des Gestalters Ole Werner eine eigene Geschichte in die Welt setzen – ohne zu wissen, wer am anderen Ende des Sprechrohres zuhört und die Geschichte weitergibt. Oder er versucht sich in der Zuordnung von Personen und Gegenständen zu bekannten Sagen und Mythen an der Figurenwand des Kasseler Illustrators Michael Meier. Auch Neuschöpfungen sind hier ausdrücklich erwünscht.SagenDer Bereich Grimmsche Sagen zeigt die Brüder Grimm als Sammler und Erforscher von Sagen. Die beiden erfassten erstmals Sagen systematisch und wiesen ihnen ihre heutige Bedeutung zu – als mündlich tradierte Erzählungen, deren Wahrheitsgehalt höher einzuschätzen ist als der von Märchen. In ihre Sammlung nahmen sie unter anderem die Sagen vom Rattenfänger von Hameln, Eginhard und Emma sowie zahlreiche Erzählungen über die Welt der Zwerge und den Teufel auf – aber auch gleich fünf Sagen von Frau Holle – in der Präsentation raumgreifend als Papierarbeit der Berliner Künstlerin Katrin Binder interpretiert. Die wertvollen Originale der beiden Bände Deutscher Sagen werden hier in der Erstauflage von 1816 und 1818 gezeigt.MythenIn allen Kulturen widmen sich Mythen den großen Themen der Menschheit: Schöpfung, Liebe und Tod sowie Entstehung von Gut und Böse. Ursprünglich dienten Mythen der Erklärung von Naturerscheinungen und Weltbildern. Viele haben dauerhaft Spuren in der Kulturgeschichte, unserer Zivilisation und unserem Sprachgebrauch hinterlassen: Narziss‘ Selbstliebe, die Sisyphos-Aufgabe oder Prometheus als Figur, der den Menschen mit dem Feuer auch die Zivilisation brachte, sind nur einige Beispiele dafür. Die Präsentation zeigt die Wandlung von Mythen und ihre künstlerischen Interpretationen durch die Epochen in Radierungen, Gemälden und Zeichnungen.Digitales ErzählenGestaltet vom Berliner „Studio TheGreenEyl“, thematisiert der Bereich über die heutige Zeit die rasante Verbreitung von Geschichten im Zeitalter der digitalen und sozialen Netzwerke wie Facebook, Instagram und Twitter. In die hier erzeugten Erzählstrukturen kann zwar jeder eingreifen, doch bergen sie auch Herausforderungen bei der Bewertung des Wahrheitsgehalts. Die Anzahl der Erzähler steigt ins Unendliche – und nicht alle Erzähler in diesem System sind menschlich. Die Präsentation führt den Besuchern vor Augen, wie Störungen entstehen, die zu unerwarteten Ergebnissen führen und die Geschichten verfremden: Bewusst oder unbewusst wird der Wahrheitsgehalt vieler Aussagen beeinflusst. Irrtümliche Falschmeldungen und gezielt herbeigeführte „Fake News“ sind die Folge. r

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Beteiligte Künstler und Gestalter

Katrin Binder, 1975 in Braunschweig geboren, studierte 1999-2006 an der Kunsthochschule in Kassel und zwei Jahre von 2003-2005 am Sichuan Fine Arts Institute in Chongqing/ China. Eine intensive Auseinandersetzung mit der chinesischen Tuschmalerei und die Berührung mit daoistischen Philosophien beeinflussen bis heute ihr künstlerisches Schaffen. Ihr Ausgangsmaterial ist immer Papier, das sie nicht nur mit verschiedenen Techniken bearbeitet, sondern vielfach auch zerschneidet. Katrin Binder lebt und arbeitet in Berlin. Ihre Arbeiten sind regelmäßig in Ausstellungen zu sehen.

Michael Meier lebt und arbeitet seit über 10 Jahren als freier Illustrator und Comiczeichner in Kassel. Er hat an der Kunsthochschule Kassel studiert und war Meisterschüler bei Hendrik Dorgathen. Seine Arbeiten, die er für internationale Kunden anfertigt, reichen von Illustrationen für Kinder über Editorial-Illustration und klassische Buchillustration bis hin zu Animation und Character Design. 

Studio TheGreenEyl gestaltet raumgreifende Installationen und Ausstellungen, die komplexe Themen und Inhalte in sinnliche und räumliche Erfahrungen übersetzt. Dabei spielen die ästhetischen Potentiale neuer und etablierter Technologien eine herausragende Rolle. Durch Recherche, Experiment und Kooperationen mit verschiedensten Disziplinen entstehen neue Formate im Ausstellungskontext.

Ole Werner hat Möbel- und Ausstellungsdesign an der Kunsthochschule in Kassel und dem Ravensbourne College in London studiert. Seit 2003 arbeitet er als freier Ausstellungsgestalter für Kunden im In- und Ausland, entwickelt und fertigt Exponate und Installationen, die komplexe Themen spannend und wirkungsvoll aufbereiten – vom statischen Modell bis zu interaktiven, multimedialen Erlebniswelten.